Servus machs guad – Mateusz Krawiec im Abschiedsinterivew

Mateusz Krawiec ist vor sechs Jahren nach Hankofen gekommen. Er zählt zu den besten Technikern, die bisher das Trikot der Spvgg Hankofen-Hailing getragen haben. Nach Startschwierigkeiten entwickelte er sich zu einem unverzichtbaren Baustein im Teamgefüge, umso ernüchternder war der Verlauf der letzten 1,5 Jahre, als Krawiec häufiger in medizinischen Einrichtungen als auf dem Fußballplatz gesichtet wurde. Im Abschlussinterview blickt der polnische Offensivmann noch einmal auf seine Anfänge in Deutschland zurück und verrät auch, wie es für ihn beruflich weitergehen soll.

So kennt man ihn auf und abseits des Platzes: Mateusz Krawiec nimmt seinen Hut und wir sagen Danke für alles, lieber Mateusz. Foto: Paul Hofer.

Erinnern wir uns an deinen Start in Deutschland zurück. Wie bist du nach Hankofen gekommen?
„In meiner polnischen Heimat war ich auf einem guten Weg. Von der U15 bis zur U19 habe ich an einer Akademie gespielt, durfte für verschiedene U-Teams auflaufen, d. h. habe Länderspiele gemacht und war im Begriff Profi zu werden. Über die zweite Liga bin ich schließlich zu meinem Heimatverein Waldenburg zurückgewechselt, da dort etwas aufgebaut werden sollte. Aus einer Klasse, die in Deutschland mit der Regionalliga vergleichbar ist, sollte es für Waldenburg weiter nach oben gehen. Wir hatten eine gute Saison, persönlich konnte ich in 20 Spielen 12 Tore beisteuern, aber dann wurde es in Waldenburg nicht nur für mich schwierig und ein neuer Verein musste her. Ein Berater hat mir Deutschland vorgeschlagen und letztendlich stand mit Hankofen mein neuer Verein fest.“

Rückblickend war der Start in Niederbayern…
„…alles andere als einfach. Ich konnte Land, Liga und Leute kaum einschätzen. Zudem habe ich so gut wie kein Deutsch gesprochen. Ich konnte grüßen und vielleicht bis zehn zählen, aber das war es dann auch schon. Da ich im August gekommen bin, hatten auch die Schulen geschlossen. Es war mir also nicht möglich mit einem Sprachkurs zu starten, der dringend notwendig war. Deshalb habe ich die Sache selbst in die Hand genommen und mir mithilfe von Wörterbüchern etwas beigebracht. Nach drei Monaten durfte ich einen Deutschkurs belegen und konnte weiter dazulernen. Obwohl ich für drei Jahre unterschrieben hatte, wollte ich grundsätzlich nur ein Jahr bleiben und dann weiterziehen. Am Ende sind es sechs Jahre geworden und ich blicke auf eine schöne Zeit zurück.“

Wie bist du generell zum Fußball gekommen?
„Wir sind eine sportliche Familie, aber ausschlaggebend war mein Vater, der Profi war. Er hat für verschiedene Vereine in Polen und Belgien gespielt. Er war ein echter Zehner. Ich wollte sein wie man Vater. Tore schießen und offensiv glänzen. Geboren wurde ich in Belgien und nicht in Polen.“

 Die erste Saison am Reißinger-Bach…
„…hätte besser sein können. Ich hatte Anpassungsprobleme und spielte folglich nicht gut. Wir haben häufig verloren und trotzdem war die Stimmung noch ganz ordentlich. Das konnte ich damals nicht einordnen. Ich wollte um jeden Preis gewinnen und habe nicht verstanden, wie man nach Niederlagen trotzdem gut gelaunt nach Hause gehen kann. Dies soll aber alles andere als ein verspäteter Vorwurf an meine damaligen Mitspieler sein. Ich kannte das eben anders.“

Gab es „Krisengespräche“ mit den Verantwortlichen?
„Ja, das ein oder andere Gespräch mit Johnny und Richard Maierhofer hat es gegeben. Es war aber nie so, dass Druck ausgeübt wurde, sondern sachlich nach Lösungen gesucht wurde. Es ging nicht ausschließlich um mich bei den Gesprächen, sondern auch, wie wir als Mannschaft besser spielen können.“

Dann ging es aufwärts…
„…meine zweite und dritte Saison war richtig stark. Was die Mannschaft betrifft, haben wir uns weiterentwickelt und ich wusste nun auch, wie der Hase läuft. Zudem habe ich individuell viel trainiert. Verständigen konnte ich mich auch schon viel besser, was natürlich ein enormer Vorteil ist. Einen großen Anteil am Aufschwung hatte Trainer Gerry Huber. Er hat Hankofen weiter professionalisiert. Im Training wurde mehr mit Ball gemacht, generell wurde moderner gedacht. Alte Tugenden hat er uns ebenfalls beigebracht, was keinem geschadet hat (schmunzelt).“

Hattest du Angebote anderer Vereine oder gab es Überlegungen zu wechseln?
„Den Traum Fußballprofi verfolgte ich nach wie vor und deshalb habe ich Augen und Ohren offengehalten. Im Sommer 2018, nach meiner zweiten Saison in Deutschland, hat sich etwas bewegt. Ein polnischer Zweitligist zeigte Interesse und ich durfte mit ins Trainingslager. Es wäre eine Ablöse fällig gewesen, da ich in Hankofen noch Vertrag hatte, aber der Verein wollte nicht zahlen. Somit hatte sich das zerschlagen. Vereinzelt gab es Angebote. Buchbach soll sich nach mir erkundigt haben und auch Donaustauf meldete Interesse an. Aber beides war keine Option für mich.“

Apropos Profi: nach ein paar Monaten hast du begonnen zu arbeiten…
„Stimmt. Gestartet bin ich in Straßkirchen. Bei der Firma Krinner habe ich im Lager gearbeitet und musste dort richtig anpacken. Daran musste ich mich erst gewöhnen, denn die körperliche Tätigkeit war nicht ohne. Was kein Jammern sein soll, aber es war eine Umstellung. Gut war, dass ich nun einen geregelten Tagesablauf hatte und natürlich auch der zusätzliche Verdienst. Später bin ich zu Donautal Geflügel in Bogen gewechselt. Dort arbeite ich noch bis Ende August, dann geht es in die Heimat.“

 Wie lauten deine sportlichen Highlights nach sechs Jahren Hankofen?
„Wir sind nie abgestiegen. Irgendwie haben wir am Ende immer wieder die Kurve gekriegt, was nicht zuletzt auch am Willen und Zusammenhalt lag. Persönlich möchte ich zwei Spiele nennen: Das Saisoneröffnungspiel 2018/19, als wir vor 1.800 Zuschauern 1860 München mit 4:2 geschlagen haben und die Partie am letzten Spieltag in Dachau. Das 5:0 war eins unserer besten Spiele. Gegen 1860 München am ersten Spieltag konnte ich zudem eine Ecke direkt verwandeln. Das war schon geil.“

Im Laufe der Jahre machte der Körper zunehmend Probleme…
„Ehrlich gesagt hat die Sache bereits in Polen begonnen. Nach einem Spiel hat der Zeh blockiert und fortan nie mehr hundertprozentig funktioniert. Die ersten paar Monate konnte ich ihn kaum bewegen. Die Diagnose lautete Arthrose und dass ich irgendwann operiert werden müsste. Je länger ich gespielt und den Zeh belastet habe, desto schlimmer wurde es. Schließlich habe ich während der Corona-Zwangspause einer Operation zugestimmt, da es für alternative Behandlungsmethoden zu spät war. Nach der OP wurde es leider schlimmer, als besser. Nach reiflicher Überlegung ging es ein zweites Mal unters Messer. Im Anschluss war, in Verbindung mit physiotherapeutischer Behandlung, ein Fortschritt erkennbar. Nun geht es in kleinen Schritten aufwärts. Ich bin zwar keinesfalls depressiv, aber einfach ist es nicht. Gerne wäre ich abgelaufene Saison mit auf dem Platz gestanden.“

Wenn du den Schmerz beschreiben müsstest…
„…es fühlt sich an, als würde ich auf Zehenspitzen stehen und es rammt mir jemand ein Messer rein. Aktuell kann ich locker joggen. Kurze Richtungswechsel, Drehungen usw. sind Gift. Je länger ich belaste, desto stechender wird der Schmerz. Es ist eine ständige Entzündung vorhanden und die Knochen reiben aneinander. Ich muss vernünftig sein und jetzt auf meinen Körper schauen. Mit 50 oder 60 will ich schließlich auch noch normal gehen können.“

Was wirst du nach deiner Rückkehr in Polen machen?
„Ich werde in der Nähe von Breslau leben und mir Arbeit suchen. Mir kommt die Erfahrung in Deutschland zugute. Ich bin mir sicher, dass ich deshalb einen guten Job finden werde. Parallel dazu will ich ein Studium beginnen. Ich will eine Richtung im Logistikbereich einschlagen. Das hat mir bei Donautal sehr gut gefallen. Der Plan ist, während der Woche zu arbeiten und am Wochenende zu studieren. Vielleicht mal wieder ein bisschen Fußball spielen. Gesundheitlich riskieren werde ich allerdings nichts mehr.“

Abschließend…
„Bedanke ich mich bei allen, die mir während meiner Zeit in Hankofen zur Seite gestanden sind. Namentlich sind das Walter Brunner, der ehemalige Vorstand der Spvgg Hankofen. In einer Wohnung von ihm durfte ich leben. Den Familien Maierhofer habe ich ebenfalls eine Menge zu verdanken. Es war insgesamt eine wunderbare Zeit und auch im Fall der Verletzung hat man nie schlecht behandelt, also nicht fallenlassen. Das ist sicher nicht alltäglich. Hankofen wird immer einen besonderen Stellenwert in meinem Herzen haben. Ich wünsche der Mannschaft viel Erfolg in der Regionalliga.“

Heribert Ketterl sagt:
„Mit Mateusz verlieren wir einen tadellosen Sportsmann und Menschen, der auch sehr emotional sein kann. Seine Qualitäten sind unbestritten, da er in Polen zum Profi ausgebildet wurde. Seine Technik ist überragend. Es wird ihm sehr schwerfallen, Abschied zu nehmen. Insbesondere vom Team, vom Verein und natürlich auch von den Familien Brunner und Maierhofer. Ein gesunder Mateusz mit uns in der Regionalliga wäre ein Segen für Hankofen, nur spielt das Leben leider manchmal anders. Ich wünsche ihm Gesundheit, gutes berufliches Vorankommen, dass er eine Familie gründen wird und natürlich auch ein bisschen kicken kann.“

O-Ton Tobias Beck:
„Der Abschieb von Mateusz war bereits bei der Besprechung im Training sehr emotional. Ich schätze ihn als Fußballer und Person sehr. Umso mehr tut es mir für ihn leid, dass er unter diesen gesundheitlichen Umständen Hankofen verlassen wird. Sein großer Traum war immer die Regionalliga. Nun sind wir am Ziel und sein Körper macht nicht mehr mit. Mit Mateusz verlieren wir einen überragenden Fußballer und einen ganz feinen Kerl. Er geht als Freund, der immer gern gesehen ist.“